Innenarchitektur im Hochwasserbereich
Die ADAC Geschäftsstelle Passau ist direkt in der Altstadt angesiedelt, eine Region, die jeder Zeit von massivem Hochwasser betroffen sein kann. Die Gebäudehülle, aber auch die gesamte Ladeneinrichtung inklusive der Technik sollte schnell, unkompliziert und kosteneffizient geschützt werden können.
Im Gegensatz zum Bauen am Wasser gibt es für den Umgang der Innenarchitektur mit Hochwasser keine dokumentierten Vorbilder. Bei der Neugestaltung der ADAC Geschäftsstelle Passau musste ich mir ein vollkommen neues Konzept erarbeiten. Denn die Erfahrung mit dem Jahrhunderthochwasser 2013 hatte gezeigt, dass das Abschotten der Schaufensterzone als einziger Hochwasserschutz nicht ausreicht.
Hochwasser erobert den Raum
Die Erkenntnisse des großen Hochwassers haben gezeigt, dass die Wasserfluten im Gebäude die Wege über die mittelalterlichen Natursteinmauern und die undichte Bodenplatte hinein in das Ladeninnere nehmen. Sie steigen bis zu einer angenommenen Höhe von 1,50 Meter. Für meine Planungen ergab sich die Konsequenz, dass das Wasser immer ungehindert abfließen können muss. Nach der Neugestaltung sind jetzt alle Bauteile und Einrichtungsgegenstände unter dieser gedachten Linie wasserfest oder sehr einfach abzutransportieren. Wichtiger Bereich der ADAC Geschäftsstelle Passau sind die Räumlichkeiten im Obergeschoss – normalerweise Sozialraum und Schulungsbereich für die Mitarbeiter. Bei Hochwassergefahr werden dort in eigens dafür vorgesehenen stapelbaren Kisten alle wichtigen Ausstattungs- und Bürogegenstände bis hin zur IT zwischengelagert. Ein eigens angelegter elektronischer Übergabepunkt auf 1,55 Meter Höhe ermöglicht es, alle Leitungen ohne Aufwand abzustecken. Die Bodenflächen im Laden bestehen aus einem besonderen wasserresistenten Teerestrich und die Bestandswände sind mit einem Spezialputz belegt. Die Möbel selbst können während des Hochwassers vor Ort bleiben. Nach dem Abfluss des Wassers lassen sie sich leicht für die Reinigung von Schlamm und und anderen Verschmutzungen zerlegen.
Licht und Materialität
Die äußeren Zwänge der Gestaltung sollten für Kunden, Mitarbeiter und Besucher nicht spürbar sein. Darum lebt der Innenraum von einem starken Hell-Dunkel-Kontrast. Wand- und Bodenflächen sind dunkel gehalten, dagegen ist die Decke hell konzipiert. Weiße Möbel, brillant beleuchtet, bilden einen starken Gegensatz zu den dunklen Umgebungsflächen. Die deutlich akzentuierte Lichtführung leitet die Blicke der Passanten von außen tief in die Ladenfläche hinein. Da es sich um ein sehr altes Bauwerk handelt, konnten im Obergeschoss alte Mauerbereiche freigelegt werden, die einen Bezug zur Historie des Gebäudes herstellen.
Eckdaten
Bauherr
ADAC Südbayern e.V.
Innenarchitektur und Bauleitung
Bernhard Rückert
Aufgabe
Ladenbau Geschäftsräume EG und Büroräume OG
Fertigstellung
2015